Wie viele andere Unternehmen müssen auch PropTechs immer wieder ihr eigenes Geschäftsmodell und ihre Marke hinterfragen, um ihr Angebot für die Zielgruppe zu optimieren. Dies hat auch das Unternehmen Convaron erkannt und in den letzten Monaten ein erfolgreiches Rebranding durchgeführt.
Im Gespräch mit CEO Tim Meger-Guingamp erfahre ich, welche Beweggründe zur Neuaufstellung der Marke geführt haben und welche Entwicklungsstrategie er damit verfolgt.
Neuer Fokus für die Immobilienbranche
Convaron ist aus dem Rebranding und der Neuausrichtung von „VRnow“ hervorgegangen. Damals habt ihr euch mit Visualisierungen befasst. Wie erweitert ihr nun euer Angebot für die Immobilienbranche?
Nach wie vor stellt die 3-D-Visualisierung eines unserer drei Kerngeschäfte dar. Unsere Kunden haben aber den Wunsch nach einer profunden Datenanalyse geäußert, um über eine solide Entscheidungsgrundlage im Asset Management zu verfügen. Visualisierungen sind im Planungs- oder Verkaufsprozess sehr hilfreich, aber unser Angebot ist darüber hinaus für die langfristige Bewirtschaftung nutzbar.
Dazu erheben wir aus Grundrissen architektonische Daten wie die genauen Maße, Raumtypen, Türen oder Fenster. Daraus lassen sich diverse Schlussfolgerungen ziehen und Analysen erstellen, was den Nutzen unserer Software so einzigartig macht: Bisher wussten Immobilienbestandshalter nur ungefähr, wie ihre Assets tatsächlich beschaffen sind, und die Kostenplanung war ungenau. Wir schenken unseren Kunden eine Transparenz, die zuvor nicht möglich war. Bei einem Modernisierungsprojekt mit einem unserer Kunden konnten bis zu 13 Prozent der Planungskosten eingespart werden.
Neues Produktportfolio für höheren Kundennutzen
Der Weiterentwicklung eines Unternehmens gehen einige Überlegungen voraus. Aus welchen Beweggründen habt ihr euch für genau diesen Entwicklungsschritt entschieden?
Nachdem wir einige Jahre mit unserem Repro-Scan-Dienst und VR-Visualisierungen am Markt waren, kristallisierte sich mehr und mehr heraus, was unsere Kunden zusätzlich brauchen: Daten, um ihre umfangreichen Bestände besser managen zu können. Und zwar entlang des gesamten Immobilienlebenszyklus.
Diese Entwicklung brachte es mit sich, dass wir uns umbenannt und ein umfassendes Rebranding vollzogen haben. Nach etwa drei Jahren als VRnow konnten wir ein Großunternehmen als Kunden für uns gewinnen und einen entscheidenden Schritt in eine neue Richtung gehen.
Effizienteres Asset Management durch Nutzung aller Potentiale
Welche Vorteile erwarten Kunden eurer Dienstleistungen durch eure historische Kompetenz auf dem Gebiet der Visualisierung?
Unsere Kunden profitieren von unserem Angebot, indem wir Potenziale zum Vorschein bringen, die zuvor ungenutzt blieben. Einen Grundrissplan in ein PDF zu verwandeln ist eine Sache. Wir haben weitergedacht und verwenden zur Auswertung Datenquellen, denen niemand zuvor Beachtung geschenkt hatte: die architektonischen Merkmale von Immobilien.
Außerdem nutzen unsere Kunden die von uns erhobenen Daten über den gesamten Lebenszyklus ihrer Immobilien. Von der Visualisierung vor dem Bau über die automatisierte Erstellung von CAD-Plänen für Modernisierungen bis hin zum Datenmanagement für die tagtägliche Bewirtschaftung. Unser Angebot ist nicht auf einen Teilbereich begrenzt und erlaubt daher eine neue Effizienz im Asset Management.
KI für besseres Datenmanagement
Ihr habt euch in Convaron umbenannt. Der Name geht auf Convolutional Neural Networks zurück, eine bestimmte Art künstlicher Intelligenz. Wie genau wird sie bei euch angewendet?
Ein Convolutional Neural Network oder CNN zählt zum maschinellen Lernen, eine Form der künstlichen Intelligenz. Convolutional Neural Networks - oder neuronale Netzwerke auf Deutsch - kommen immer dann zum Einsatz, wenn Bilder erkannt und klassifiziert werden müssen. Sie bestehen aus vielen Schichten bzw. Layern, wobei die Anzahl der Layer darüber entscheidet, wie detailliert die Bilderkennung ausfällt. In diese Layer sind Filter eingebettet. Diese Filter erkennen bestimmte Merkmale oder Muster. Sie suchen das Bild ab und finden die Muster, für die sie trainiert wurden. Ein Filter kann dabei zum Beispiel feststellen, wie viele Ecken in einem Bild vorhanden sind und interpretiert diese in unserem Fall zum Beispiel als Zimmerecken. Dadurch kann die KI Angaben zur Raumgröße oder -art machen. Oder feststellen, wie viele Türen und Fenster tatsächlich vorhanden sind. Möchte unser Kunde in einer Immobilie die Fenster erneuern, so weiß er nach unserer Analyse, wie viele neue Fenster tatsächlich benötigt werden.
Alle Daten werden sehr übersichtlich auf unserer Datenmanagement-Plattform bereitgestellt. So können unsere Kunden selbst entscheiden, wie sie mit den Informationen weiter verfahren möchten. Durch eine API können alle Daten in die ERP-Systeme wie SAP eingespielt und dort weiter verwertet werden.
Die Zukunft der Immobilienbranche
Die Digitalisierung der Immobilienbranche schreitet in schnellen Schritten voran. Was meinst du, wo wird sie in fünf Jahren stehen? Welche Rolle spielt Convaron darin? Und welche Entwicklungsschritte habt ihr bis dahin noch unternommen?
Die Immobilienbranche ist einer der am wenigsten digitalisierten in Deutschland. Es wird noch einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten sein, bis es einen digitalen Branchenstandard gibt. Für viele ist das Phänomen der Digitalisierung immer noch sehr abstrakt, ein komplexes Produkt wie unseres wird da nicht einfach sofort übernommen. Es braucht digitale Vorreiter, die mit Start-ups Innovationen
erarbeiten, sodass die jungen Unternehmen lernen und ihre Angebote weiterentwickeln können. Deshalb glaube ich, dass die Immobilienbranche sich innerhalb der nächsten fünf Jahre mit Convaron als einem starken Treiber dieser Entwicklung zunehmend verändern wird. Ein Schritt dahin ist, mit anderen Anbietern bzw. PropTechs am Markt zu kooperieren, um unseren Kunden einen möglichst umfassenden Service bieten zu können.
Vielen Dank für das interessante Gespräch, Tim.