Jeder zweite Immobilienmakler wird verschwinden – Die Digitalisierung als Chance

Nikolai Roth Allgemein Leave a Comment

Wenn ich als Geschäftsführer von Maklaro, Deutschlands größtem digitalen Immobilienmakler, auf Events für Makler und Immobilienthemen eingeladen werde, geht es früher oder später oft um die Frage, ob wir nun eher als Freund oder aber als Feind betrachtet werden sollten.

Doch diese Frage stellt sich gar nicht. Angesichts der weltweiten und branchenübergreifenden Veränderungen durch die Digitalisierung, sollte vielmehr eine andere Frage diskutiert werden. Und zwar was Unternehmen tun müssen, um sich schnell genug an die Digitalisierung anzupassen, damit sie nicht völlig ins Abseits geraten. Der digitale Wandel wird zur Bedrohung für traditionelle Geschäftsmodelle und -prozesse. Diese Entwicklung sollte Grund genug sein, um auch in der Immobilienwirtschaft zu einem Diskurs zu führen.

Status Quo

Viele Jahre lang haben traditionelle Makler das Thema Digitalisierung nur mit Argwohn beobachtet. Doch nun wächst der Druck, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, denn die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam voran. Eine große Rolle spielen hierbei PropTech-Startups, die die bestehenden Prozesse und Strukturen der Immobilienbranche hinterfragen, verändern und ihre Idee jeden Tag erneut auf den Prüfstand stellen. PropTech steht dabei für einen Wortzusammenschluss von Property und Technology.

Bisher hatte Technologie kaum Einzug in die Immobilienbranche gehalten. Doch in den letzten Jahren sorgen vor allem die jungen Technologie-Unternehmen für evolutionäre Veränderungen in der Immobilienwirtschaft.

Die letzte große Innovation in der Branche waren die Immobilien-Marktplätze, wie Immobilienscout24, Ende der 90er Jahre. Seitdem hat sich in der Branche nichts mehr getan.

Doch mittlerweile gibt es mehr als 100 PropTechs in Deutschland, die sich mit dem Thema Immobilien beschäftigen. Die Startups boomen. Gründungen erster PropTech-Initiativen wie die German PropTech Initiative (gpti) zeigen, dass die Branche dabei ist, sich zu etablieren.

Der Immobilienmarkt bietet ein großes Angebot an Dienstleistungen und Produkten. Passende Unternehmen finden sich in Form der PropTechs zunehmend im Internet. Sie machen Crowdfunding für Immobilien oder intelligent-digitales Wohnen möglich (Stichwort: Smart Building), sie verlagern Wohnungsbesichtigungen in die virtuelle Realität oder arbeiten als digitale Immobilienmakler zu weitaus günstigeren Konditionen.

Dennoch kommen insbesondere in der Immobilienbranche noch viele Geschäfte offline zustande, zum Beispiel durch persönliche Kontakte oder Empfehlungen.

Nach Angaben des Manager Magazins hat bereits im Jahr 2013 eine Umfrage ergeben, dass 90 Prozent aller Immobilieninteressenten ihr Objekt im Internet suchen und etwa 50 Prozent der Interessenten auch im Netz fündig werden.

Dennoch wird jede zweite, privat verkaufte Immobilie laut WirtschaftsWoche auch in 2014 noch von einem Makler vermittelt.

Warum sollten sich die Traditionalisten Gedanken machen?

Es gibt einige Gründe, die den klassischen Maklern Anlass geben sollten, sich Gedanken zu machen.

Die Digitalisierung anderer Branchen hat gezeigt, dass man den technologischen Fortschritt nicht verschlafen darf. Es gibt einige Beispiele dafür, ein bekanntes ist die Musikwirtschaft.

Für viele Immobilienunternehmen ist die Digitalisierung ebenfalls noch immer kein Thema. Doch ist längst klar, dass Immobilienmakler in der Zukunft weit mehr leisten müssen, als die reine Vermarktung von Immobilien. Sicherlich nicht von heute auf morgen, aber ich betrachte hier einen mittelfristigen Entwicklungshorizont. Der Trend geht zu erweiterten Dienstleistungen, neuen digitalen Geschäftsmodellen und Kooperationen mit anderen Dienstleistern. Getrieben werden diese Entwicklungen von den Erwartungen junger Mieter und Käufer, die digitale Services nutzen wollen. Allerdings stellen nur wenige Unternehmen ihre Angebote in digitaler Form oder gar mobil für Smartphones zur Verfügung. Digitale Leistungen sind in der Immobilienbranche kaum vorhanden.

Außerdem haben Immobilienmakler in Deutschland einen schlechten Ruf und sind unbeliebt. Sie gelten gemeinhin als ineffizient, intransparent und überbezahlt.

Das Immobilienangebot auf dem Markt ist knapp und die Nachfrage nach Immobilien groß. Das sind eigentlich gute Voraussetzungen dafür einen Makler zu engagieren, der Interessenten und Anbieter zusammenbringt. Doch das Leistungsspektrum der Branche wird häufig auf Klischees reduziert und es herrscht die Meinung, Immobilienmakler seien ihr Geld nicht wert. Aber der Verkauf einer Immobilie ist ein komplexer Prozess. Die Dienstleistungen eines guten Immobilienmaklers gehen weit darüber hinaus, dass zur Besichtigung die Türen aufgeschlossen und Interessenten durch die Wohnung geschleust werden.

Wäre der Verkaufsprozess transparenter, wüssten die Kunden, was ihr Makler für sie leistet. Das kann durch neue digitale Kanäle besser dargestellt und beispielsweise über eine funktionale Webpräsenz 24/7 kommuniziert werden. Dann wäre wahrscheinlich auch die Akzeptanz für die anfallenden Provisionen größer.

Das ist es auch was die jüngeren Immobilienbesitzer wie bspw. Erbengemeinschaften wollen. Sie wollen digitale Services, die sie über Apps auf ihren mobilen Endgeräten abrufen können. Denn das Internet ist schon lange kein Neuland mehr.

Anpassen oder Untergehen

Die schwierigen Fragen für die Traditionalisten lauten also: Was kann bzw. muss getan werden, um der Digitalisierung gerecht zu werden? Wie kann man die Kunden wieder erreichen? Und wie kann man ihren veränderten Wünschen nach mehr Digitalisierung am besten entgegenkommen? Wie geht man mit den “Jungen Wilden”, den PropTechs, um? Kann man sie wirklich ignorieren oder sollte man besser mit ihnen kooperieren?

Die klassischen Makler werden die Digitalisierung nicht mehr aufhalten können. Die digitalisierte Konkurrenz wird ihnen weiter Kunden abwerben. Sei es im Immobilienverkauf, wo digitale ganzheitliche Verkaufskonzepte angeboten werden, oder auch in der Vermietung, durch Matching-Dienstleistungen im Stil von „Mieter-Tinder“.

Durch ihre bessere Benutzerfreundlichkeit, niedrigere Provisionen, transparentere Arbeitsweise und effizienteren Geschäftsmodelle lassen sie die traditionellen Player alt aussehen. Sie finden den optimalen Mieter, empfehlen den richtigen Makler, übernehmen teilweise sogar die komplette Wertschöpfungskette oder ermöglichen durch Schwarmfinanzierungen renditestarke Immobilienprojekte auch für Kleinanleger.

Ich kann den etablierten Marktteilnehmern daher nur empfehlen sich voll auf das Thema Digitalisierung einzulassen und PropTechs als mögliche Kooperationspartner zu betrachten. Sie sind die Pioniere auf dem Gebiet der Digitalisierung in der Immobilienbranche und haben das nötige Know-How gesammelt, das sie für ein Bestehen auf dem Markt brauchen.

Mögliche Lösungen um den Anforderungen der Digitalisierung entgegenzukommen

Die traditionellen Makler müssen über kurz oder lang Wege finden, um die Digitalisierung in ihr Geschäftsmodell einzubinden. Es stellt sich also nicht die Frage, ob man sich der Digitalisierung öffnen solle, sondern vielmehr wie die Unternehmen die technologischen Neuerungen einsetzen werden.

Die Nutzung digitaler Hilfsmittel erfordert eine eigene Strategie, die im Unternehmen umgesetzt werden muss. Das könnte bspw. über Kooperationen mit PropTechs geschehen. Mit ihren neuen zukunftsträchtigen Technologien sind PropTech-Startups in der Lage Dienstleistungen zu standardisieren, automatisieren, zu verbessern und transparenter zu gestalten. Dabei ist es enorm wichtig, dass die Digitalisierung vom Chef einer traditionellen Firma verstanden und vor allem gewünscht ist. Es bringt nichts, wenn man einen schlauen Kopf für das Thema einstellt, dieser aber auf keinerlei positive Resonanz in der Geschäftsführung stößt. Kooperationen können durchaus Chancen für beide Seiten bieten. Das reicht von Investitionen der etablierten Unternehmen in die Startups, über den Wissenstransfer („knowledge transfer“) bis zur Gründung neuer Netzwerke.

Die PropTech-Szene ist imstande die Effizienz der etablierten Marktteilnehmer durch ihre besonders transparenten, nutzerfreundlichen und schnellen Prozesse entscheidend zu erhöhen.

Bedingt durch das veränderte Konsumentenverhalten und die „Always on“-Kultur unserer Gesellschaft, werden die Anforderungen an Makler in der Zukunft nochmal massiv zunehmen und ihre Qualität auf die Probe stellen. Vor allem für die schwarzen Schafe der Branche (sog. Bettkantenmakler) wird es schwierig werden die hohen Ansprüche und Erwartungen zu erfüllen. Sie werden an der transparenten, digitalen und effizienten Konkurrenz gemessen werden, sodass deren Standards sich zu einer Markteintrittsbarriere entwickeln. Aber auch die guten One-Man-Shows werden es schwieriger haben, da die Digitalisierung Kosten verursacht, die sich erst ab einer höheren Anzahl von Transaktionen amortisieren. Größere Maklerunternehmen und Maklerzusammenschlüsse werden es da einfacher haben.

Ich gehe davon aus, dass viele unprofessionelle Makler dann deutlich weniger Aufträge bekommen und der in Deutschland extrem fragmentierte Maklermarkt auf ein „normaleres“ Maß zusammenschrumpft. Meine Schätzung ist, dass bis zu 20.000 Immobilienmakler und damit jeder zweite, mittelfristig in Deutschland verschwinden werden (von aktuell ca. 37.000). Gesetzliche Zulassungsvoraussetzungen, wie das Bestellerprinzip und der Sachkundenachweis für Immobilienmakler, werden zukünftig ihren Teil dazu beitragen. Die Anzahl der transaktionierten Immobilien wird aber nicht sinken. Dies ist also auch die Chance für bestehende Makler zu wachsen.

Gleichzeitig stellen Lead-Generation Portale im Maklermarkt, ähnlich wie Check24 für die Versicherungswirtschaft, die sich als unabhängige Vergleichs- und Empfehlungsseiten tarnen, eine Gefahr für Makler dar, die von der Branche noch völlig unterschätzt wird.

Zu diesem brisanten Thema, werde ich demnächst noch einen eigenen, ausführlichen Artikel veröffentlichen.

Fazit

Der digitale Wandel und die damit einhergehenden Umwälzungen in der Unternehmenswelt werden im Moment intensiv diskutiert.

Um den Kundenbedürfnissen auf lange Sicht gerecht zu werden und den Anschluss an die Wettbewerber nicht zu verlieren, müssen Unternehmen eine schnelle und effiziente Strategie entwickeln und sich digital neu erfinden. Denn die Zeit drängt und nur so werden sie im Zeitalter der Digitalisierung überleben können.

Die etablierten Player werden nicht über Nacht irrelevant werden, dafür ist die Immobilienbranche zu konservativ. Sie wird sich nur allmählich und in kleinen Schritten verändern. Der Vorteil dieses langsamen Evolutionsprozesses wird aber sein, dass die digitalen (Anpassungs-)Strategien anderer Branchen beobachtet und Rückschlüsse für die eigene Entwicklung gezogen werden können.

Die Abwanderung zu digitalen Diensten wird sich langfristig nicht mehr aufhalten lassen und im Laufe der Zeit enorm zunehmen. Entsprechend hoch ist dann der Druck, klassische Geschäftsmodelle zu hinterfragen, anzupassen und in neue Modelle einzuarbeiten.

Ob mit oder ohne Kooperationen wird der digitale Immobilienverkauf nicht wieder verschwinden.

Ich empfehle den Traditionalisten daher, sich auf die Digitalisierung einzulassen und das Beste daraus zu machen. Nur wer sich von Anfang an voll engagiert, frühzeitig Kooperationen schließt und Netzwerke bildet, wird langfristig auch profitieren können.

Ein Beispiel dafür ist der digitale Immobilienmakler Maklaro. In kurzer Zeit konnten wir unser PropTech-Startup auf dem Markt behaupten und zu Deutschlands größtem Online-Immobilienmakler für Verkaufsimmobilien entwickeln.

 

Dieser Artikel wurde im Rahmen des Branchen-Insiders erstmalig auf XING am 31.10.2016 unter dem Titel “Jeder zweite Immobilienmakler wird verschwinden” veröffentlicht.

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Über den Autor

Nikolai Roth

Nikolai Roth war Gründer von Maklaro, Anbieter von digitalen Makler-Services, die eine Effizienzsteigerung entlang der gesamten Wertschöpfung des Immobilienverkaufs ermöglichen. Den Ursprung für das digitale Produktportfolio des Unternehmens bildete die langjährige Marktpräsenz von Maklaro als digitaler Immobilienmakler. Außerdem bloggt Nikolai Roth seit 2016 auf PropTech.de über die Digitalisierung der Immobilienbranche und ist darüber hinaus im Vorstand der German PropTech Initiative e.V. sowie Abgeordneter im Bundeskongress Immobilienwirtschaft.

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